Damals, in den guten, alten Zeiten, als der Begriff Agiles Projektmanagement noch nicht zum Tagesgespräch gehörte und in denen Festpreisprojekte noch die Regel waren und ich als klassischer Projektleiter arbeitete, hatte ich mir eine gewisse Routine angewöhnt, um den weiteren Erfolg meiner Projekte einschätzen zu können. Regelmäßig, meist wöchentlich, stellte ich die Stundenbuchungen der Projektmitarbeiter zusammen und berechnete die Ist-Aufwände für die Arbeitspakete.
Im Kern simpel und doch von überragender Bedeutung für das Projekt: herausfinden, wo wir stehen und wie es weitergehen würde. Dazu nahm ich meine MS Project Datei und überarbeitete den Plan folgendermaßen:
- Welche Ist-Aufwände entfielen auf welche Arbeitspakete? Wo war das Budget überschritten?
- Wie viel Aufwand würden wir nach Einschätzung des Fertigstellungsgrades noch brauchen?
- Wo hatten sich neue Abhängigkeiten ergeben oder bekannte verschoben?
- Wie änderte sich der Zieltermin, weil mir gerade mal wieder ein wichtiger Mitarbeiter abgezogen wurde?
- Und was passiert, wenn ein Mitarbeiter kurz vor Jahresende doch noch zehn Tage Resturlaub nehmen muss?
Meine jeweils brandaktuellen Planungserkenntnisse besprach ich dann mit meinen Mitarbeitern, um den Plan in Aktionen zu verwandeln – bis zur nächsten Planungsrunde. Der Aufwand war hoch, aber nicht umsonst rechnete man damals in der Kalkulation meist mit 15-20% Projektmanagement-Overhead.
Ein Hoffnungsschimmer war dann MS Project Server, weil alles an einer Stelle zusammenfloss: Aufwand, Plan, Änderungen usw. Leider war das Hantieren mit verschiedenen Datenbanken jedoch sehr aufwändig und nervenaufreibend.
Agile Teams nutzen interaktive Tools
Ich muss gestehen, dass ich seit einigen Jahren das bekannteste Projektplanungstool fast gar nicht mehr verwende – ich arbeite fast nur noch in agilen Projekten und dabei fast immer mit JIRA von Atlassian. JIRA ist eigentlich als Bugtracker entstanden, hat sich aber in fast allen meinen Kundenprojekten der letzten Jahre für die operative Projektsteuerung etabliert.
Das ist nicht verwunderlich: Es ist immer noch recht einfach zu bedienen – und mit den agilen Abläufen unterstützt es viele Teams von ersten agilen Gehversuchen bis hin zu mehreren, parallel arbeitenden Teams.
Mit zunehmender Größe und Komplexität des Gesamtprojektes stehen Teams mithin vor der Aufgabe, eine sehr große Anzahl von Abhängigkeiten zu berücksichtigen. So wickelt beispielsweise ein Online-Shop Käufe über Zahlungsdienstleister ab – dafür müssen die Entwickler des Shops mit den Experten für die Anbindung des Payment Services zusammenarbeiten.
Agilität wächst schnell über ein Team hinaus
Abhängigkeiten in der Umsetzung werden häufig durch „Scrum of Scrums“ in Form von Daily Scrums mit Delegierten aus jedem Team adressiert. Hierdurch können die Teams täglich Probleme lösen und ihre Zusammenarbeit optimieren. Sie können jedoch nicht die Aufgaben des Product Owners für die gesamte Planung mehrerer Teilprojekte übernehmen! Hierzu ist fachliche Koordination gefragt.
Viele noch unerfahrene Product Owner, die gerade mit agilen Methoden beginnen, sind überrascht, wie viel Zeit sie und ihr Team mit Planung verbringen! Oft beobachte ich, dass Product Owner aus der Fachlichkeit kommen und die gängigen Methoden des Projektmanagements nur in Ansätzen kennen – für Schulungen ist ja selten Zeit.
Agilität bedeutet nicht Abwesenheit von Planung
Gerade in großen Projekten mit mehreren Teams und unterschiedlichsten Aufgabenbereichen muss der Product Owner dem Management weitergehende Fragen beantworten – und zwar regelmäßig:
- Wann ist das Produkt am Markt?
- Wo stehen wir überhaupt, über alle Teams gesehen?
- Was wäre, wenn wir weitere Entwickler hinzunehmen – können wir den Termin dann halten?
Um diese Fragen beantworten zu können, muss der Product Owner das Gesamtprogramm – oder eben das Portfolio – planen und auswerten können. Gängige Projektplanungstools bieten hierfür Unterstützung an. Eine im täglichen agilen Geschehen nutzbare Lösung muss jedoch mit dem operativen Projektmanagement gut integriert sein – oder muss ich als Product Owner meine Zeit wieder damit zubringen, wie früher, Daten hin- und herzuschieben?
Agiles Projektmanagement mit Portfolio for JIRA
Mit Portfolio for Jira bietet Atlassian mit der Erweiterung JIRA Portfolio eine interessante Lösung. Das Modul fügt eine eigene Planungsebene zu den JIRA-Daten hinzu und bietet Planungselemente wie:
- Themes dienen zur Klassifizierung und Verfolgung von Portfolio-Zielen wie „10.000 User erreichen“
- Initiativen ermöglichen Ihnen Epics übersichtlich zu strukturieren, z.B. in Bereiche wie Betrieb, Softwareentwicklung, …
- Team-Eigenschaften bilden die Kennwerte Ihrer Teams ab: zugeordnete User, Velocity und sogar Urlaube und Abwesenheiten
- Mit Szenarien können Sie dann auf Basis aller anderen Daten ausprobieren, wo der Release-Termin landet, wenn Sie auf jemanden aus dem besten Team verzichten müssten
Die Integration mit JIRA ermöglicht Ihnen, schon vorhandene Projekte zu nutzen. Gleichzeitig können Sie im getrennten Datenbereich von Portfolio arbeiten und passgenau steuern, wann Daten in das reale JIRA-Projekt übernommen werden.
In diesem Artikel hat Thorsten Kamann detailliert beschrieben, was man für ein Portfolio-Management-System im agilen Umfeld benötigt.