Wie Agilität Unternehmen verändert

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Werner Beckmann

Im ersten Teil ging es darum, wie Sie in der Digitalisierung durch agile Arbeitsweisen mit interdisziplinären Teams schnell erfolgreiche Produkte entwickeln können. Den meisten Unternehmen reicht es natürlich nicht, ein einziges agiles Projekt durchzuführen. Gerade die frühen Ergebnisse und der enge Kontakt zu Kunden und Anwendern führen rasch zu Erfolgen und damit zum Wunsch nach mehr.

Im ersten Teil ging es darum, wie Sie in der Digitalisierung durch agile Arbeitsweisen mit interdisziplinären Teams schnell erfolgreiche Produkte entwickeln können.

Den meisten Unternehmen reicht es natürlich nicht, ein einziges agiles Projekt durchzuführen. Gerade die frühen Ergebnisse und der enge Kontakt zu Kunden und Anwendern führen rasch zu Erfolgen und damit zum Wunsch nach mehr.

Wenn agile Projekte andere Rahmenbedingungen benötigen – wie kann ein Unternehmen ein agiles Umfeld schaffen?

Sie müssen etablierte Strukturen, Prozesse und Rollen auf den Prüfstand stellen. Eine zentrale Frage dabei ist, wie viel Teams tatsächlich selbst entscheiden dürfen. Wer legt beispielsweise- und warum – fest, welche Entwicklungsumgebung die Mitarbeiter verwenden? Oder schreibt vor, wie Anforderungen zu verwalten sind?

Das Unternehmen muss den Teams Freiheiten geben, die bisher meist nicht vorgesehen waren. Andererseits müssen Rahmenbedingungen wie technologische Festlegungen oder Compliance-Anforderungen klar definiert werden, damit Online-Anwendungen über mehrere Jahre sicher und kostengünstig betrieben werden können.

Empowerment macht süchtig

Häufig führt mehr Verantwortung auch zu mehr Engagement: Bei Software-Entwicklern kann ich häufig verfolgen, wie sie von Mit-Arbeitern zu Teilhabern werden, wenn sie sich in Scrum-Teams einbringen und Entscheidungen treffen können.

Je erfolgreicher die agilen Teams werden, desto selbstbewusster werden die Beteiligten und streben an, weitere Entscheidungen zu treffen – so wird die sukzessive, gesteuerte Übertragung von Kompetenzen zu einer zentralen Management-Aufgabe. Auch das geschieht wiederum schrittweise, in kurzen Zyklen, mit viel Feedback und gemeinsamem Lernen – also agil. Naiv sollte man jedoch nicht sein: Es ist ein langer Weg für beide Seiten mit vielen Erkenntnissen und Herausforderungen.

Während das Pflänzchen der agilen Selbstorganisation zart keimt, kann es von Mikromanagern mit „Command und Control“ schnell wieder zertrampelt werden. Viele, gerade jüngere Mitarbeiter sind unzufrieden und fordern neue Führungsweisen. Die Wirtschaftswoche fasst beispielsweise zusammen: „67 Prozent aller Fachkräfte meinen, ihr Vorgesetzter sei nicht gut für die Zukunft gerüstet.“

Aber welche Rolle hat eine Führungskraft in einem zunehmend agilen Unternehmen?

Wer in der neuen Arbeitswelt Teams zum Erfolg führen will, muss daher als Führungspersönlichkeit agieren. Das bedeutet: motivieren, ausprobieren, delegieren, beschützen und auch fordern – statt planen, organisieren und umsetzen lassen. Dementsprechend findet man mittlerweile in vielen Stellenanzeigen die Bezeichnung „People Lead“ statt „Manager“. Führungskräfte sind in agilen Organisationen „Enabler“ – sie schaffen für ihre Mitarbeiter Möglichkeiten, sich einzubringen und selbständig Lösungen zu finden.

Viele, auch große Unternehmen arbeiten an ihrer agilen Transformation und befassen sich damit, welche Rollen und Zuständigkeiten sie anstelle von Projektleitern, Abteilungs- und Teamleitern, fachlichen stark getrennten Abteilungssilos und klassischen Berichtswegen benötigen. Dieser Change sorgt gerade bei traditionellen Unternehmen für Ungewissheiten und Unruhe. In diesem Zusammenhang wird häufig das Spotify-Modell als Ziel gewählt.

Agilität heißt, seinen eigenen Weg zu finden

Der Witz an der Sache: im weniger bekannten zweiten Teil des Spotify-Videos wird erklärt, dass vor allem das gemeinsame Ausprobieren, Anpassen und Optimieren den Kern der Agilität ausmachen. Jurgen Appelo, der Autor von „Management 3.0“, fasst in ähnlicher Weise zusammen, dass Unternehmen nicht auf ein festes, agiles Modell transformieren sollen, sondern dass sie in dynamischen Märkten zu „Shape Shifters“ werden müssen.

Trotzdem brauchen Unternehmen neue Rollen und Prozesse zur Orientierung – aber welche? Häufig werden die Scrum-Rollen übernommen:

  • Der Product Owner ist für die Ausrichtung und Gestaltung der Produktentwicklung verantwortlich – er maximiert den Wert des Produktes für das Unternehmen und die Stakeholder. Er beschäftigt sich mit dem „was“ und nicht mit dem „wie“, daher agiert er nicht als Projektleiter, sondern als Partner auf Augenhöhe für Management, Development Team und Anwender.
  • Das Development Team setzt die Anforderungen des Product Owners selbstorganisiert um. Technische Kenntnisse sind und bleiben von zentraler Bedeutung, um aktuelle Technologien einsetzen zu können. Häufig werden anstelle von detaillierten Spezifikationen schrittweise Prototypen erstellt und validiert, so dass das Team engen Kontakt mit Anwendern und anderen Stakeholdern hat und Entscheidungen treffen muss. Dafür sind auch Mitarbeiter aus anderen Tätigkeitsbereichen wie beispielsweise dem GUI-Design im Development Team vertreten.
  • Der Scrum Master sorgt als „Servant-Leader“ für die Einhaltung des iterativen Prozesses und bringt das gesamte Team durch indirekte Führung dazu, die eigenen Arbeitsweisen zu optimieren und Höchstleistungen zu erreichen. Er spricht zudem auf Augenhöhe mit dem Management, um Hindernisse zu beseitigen.

Meist kommen noch hinzu:

  • Agile Coaches bieten wichtige Hilfestellungen auf Basis jahrelanger Erfahrung und können auf vielfältige Methoden und Techniken zurückgreifen. Die Agile Coaches von Conciso verstehen sich beispielsweise als Berater, die Unternehmen nachhaltige Agilität durch Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Gerade durch die eigenständige Umsetzung durch Stakeholder im Unternehmen fördern sie so nachhaltige Adaption von agilen Methoden und Denkweisen.  
  • Häufig ergänzen Business Analysten und Tester als Teil des Development Teams die Aufstellung, um spezielle fachliche oder technische Kenntnisse zu integrieren.

Neben den fachlichen Kenntnissen benötigen Mitarbeiter in agilen Rollen vor allem „Social Skills“

Vor allem Mitarbeiter in etablierten Rollen mit über Jahre gefestigten Arbeitsweisen, beispielsweise Entwickler ohne Kontakt zum Kunden, stehen dabei vor neuen Herausforderungen:

  • Als Teamplayer arbeiten sie in einer Gruppe auf ein gemeinsames Ziel hin – und verfolgen nicht mehr einen vorgegebenen, persönlichen Arbeitsauftrag.
  • Gerade in interdisziplinären Teams müssen sie intensiv kommunizieren. Versteht der Hardware-Ingenieur den GUI-Designer? Wie viele technische Details kann man Kunden zumuten?
  • In Scrum-Teams aus 6-9 Mitgliedern durchlaufen und durchleiden sie die typischen Teambuilding-Phasen: Forming, Storming, Norming und – hoffentlich – Performing.
  • Letztlich müssen sie als Gruppe lernen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen, auch wenn die Zuständigkeiten jahrelang eindeutig zugeordnet waren. Hierfür müssen sie mit Unsicherheiten umgehen und getroffene Entscheidungen reflektieren können.

Da solche Skills von zentraler Bedeutung für den Erfolg sind, bringen agile Frameworks wie Scrum bereits wichtige Elemente mit: Häufige Überprüfung von Ergebnissen und darauf aufbauend zeitnahes Lernen aus dem Feedback des Marktes sind beispielsweise Kernelemente. Das ständige Anpassen der Richtung erfordert gemeinsames Lernen im Team, verbunden mit der Notwendigkeit zur Reflektionsfähigkeit des Einzelnen. Daher können Sie agile Frameworks nur erfolgreich einführen, wenn Social Skills hinreichend ausgeprägt sind oder parallel gefördert werden.

Zusammengefasst versuchen Unternehmen mit agilen Transformationen also mit viel Kraft, agile Rollen und Prozesse zu etablieren und Rahmenbedingungen für erfolgreiches, agiles Arbeiten zu schaffen, um so die Herausforderungen der Digitalisierung meistern zu können.

Lesen Sie in Teil 1: Wie Digitalisierung Arbeitsweisen verändert

Lesen Sie in Teil 3: Welche Rolle spielt die Personalabteilung dabei?

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