
Aufwandsschätzungen gehören zu Software-Projekten genauso wie das Entwickeln und Testen der Software, allerdings werden sie meistens als lästiges Übel betrachtet. Darüber hinaus liegt man mit Schätzungen häufig daneben und brockt sich damit eine ganze Reihe von Folgeproblemen ein, z.B. muss das Budget erweitert oder Termine müssen verschoben werden. Grundsätzlich gilt: eine Schätzung ist eine Prognose des zu erwartenden Aufwands bzw. der zu erwartenden Kosten, die unter bestimmten Annahmen über die Zukunft getroffen wird. Da wir die Zukunft nicht kennen, ist es völlig normal, dass Aufwandsschätzungen vom tatsächlichen Aufwand abweichen. Lösen kann man dieses Dilemma nicht, aber man kann sich an einige einfache Regeln halten, um Abweichungen zu begrenzen.
Die richtigen Personen beteiligen
Wer führt die Schätzung durch? Sorgen Sie dafür, dass diejenigen Personen an der Schätzung beteiligt werden, die auch für die Umsetzung der Aufgaben zuständig sind – idealerweise das heterogen besetzte Development Team.
Gutes, klar abgestimmtes, inhaltliches Verständnis der Aufgabe
Das Team, welches die Aufwandsschätzungen vornimmt, sollte ein klar abgestimmtes, inhaltliches Verständnis der Aufgabe haben und dazu ist direkte Kommunikation erforderlich. Eine noch so gute Spezifikation alleine genügt nicht. Das Team muss die Möglichkeit bekommen, über die Aufgabenstellung zu sprechen, um bei der Schätzung von den gleichen Voraussetzungen und Annahmen auszugehen. Halten Sie Notizen der Diskussion fest und dokumentieren Sie wichtige Annahmen.
Beeinflussung vermeiden!
Damit jeder Teilnehmer der Schätzrunde seine eigene Prognose abgeben kann, sollten Sie darauf achten, dass in der inhaltlichen Diskussion keine (unterschwelligen) Bewertungen stattfinden. Aussagen wie „Ach das habe ich schon mal gemacht. Das ist eigentlich eine Kleinigkeit …“ führen schnell zu einer nicht gewollten Beeinflussung. Schätztechniken wie Planning Poker sind hier sehr hilfreich, weil jeder Teilnehmer der Schätzrunde seine Prognose zunächst verdeckt vornimmt und die Karten dann gleichzeitig aufgedeckt werden. Kommt es dann trotzdem zu großen Abweichungen zwischen den Teilnehmern, ist dies üblicherweise ein Zeichen dafür, dass es noch unterschiedliche Annahmen gibt. Lassen Sie die Teilnehmer mit der größten Abweichung ihre Schätzung erklären, um so die Gründe für die Abweichung aufzudecken. Führen Sie dann eine weitere Pokerrunde durch, bildet sich üblicherweise Konsens.
Schätzungen prüfen und aus Erfahrungen lernen
Finden die Teilnehmer der Schätzrunde einen Konsens, sollten sie das Ergebnis überprüfen. Am besten vergleichen Sie die Prognose mit dem tatsächlichen Aufwand einer ähnlichen Aufgabe aus der Vergangenheit. Dies setzt natürlich voraus, dass die entsprechenden statistischen Daten vorliegen.
Aufwandsschätzungen wiederholen
Anforderungen verändern sich im Laufe der Zeit, das Team gewinnt neue Erkenntnisse, Technologien werden ausgetauscht, die Zusammensetzung des Teams verändert sich usw. Erneuern Sie daher ihre Schätzungen! Falls Sie zu einem stark abweichenden Ergebnis kommen, untersuchen Sie die Gründe hierfür. Werfen Sie einen Blick auf die Notizen und Annahmen der vorherigen Schätzungen (siehe oben).
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